Gesellschaftsrecht

Große BRAO-Reform

Am 12.07.2021 wurde im BGBl. I 2363 das „Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe" vom 07.07.2021 verkündet, das am 01.08.2022 in Kraft getreten ist.

Enthalten ist u.a. ein neuer § 59b BRAO, der lautet:

§ 59b
Berufsausübungsgesellschaften

(1) Rechtsanwälte dürfen sich zur gemeinschaftlichen Ausübung ihres Berufs zu Berufsausübungsgesellschaften verbinden. Sie dürfen sich zur Ausübung ihres Berufs auch in Berufsausübungsgesellschaften organisieren, deren einziger Gesellschafter sie sind.

(2) Berufsausübungsgesellschaften zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in der Bundesrepublik Deutschland können die folgenden Rechtsformen haben:

1. Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften,

2. Europäische Gesellschaften und

3. Gesellschaften, die zulässig sind nach dem Recht

a) eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder

b) eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

Für Berufsausübungsgesellschaften nach dem Gesellschaftsrecht eines Staates, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, gilt § 207a.


Aktueller Handlungsbedarf besteht für alle Berufsausübungsgesellschaften im Hinblick auf das Thema BHV (§§ 59n, 59o BRAO n.F.) und außerdem für zulassungsbedürftige Berufsausübungsgesellschaften, die am 01.08.2022 bereits bestanden und nicht schon als zugelassen gelten (§ 209a BRAO n.F.).


Ein Gesellschaftsvertrag, der so wenig regelt wie möglich, aber so viel wie nötig, schafft eine solide Basis, die auch im Konfliktfall und insbesondere bei dem Ausscheiden eines Gesellschafters oder der Auflösung der Kanzlei trägt.

Und wenn sich Streit während oder bei Beendigung der Zusammenarbeit doch nicht vermeiden lässt, hilft oftmals eine Mediation weiter.
Sie kann eine unnötige Trennung verhindern oder im worst case immerhin noch dafür sorgen, dass das Ausscheiden eines Gesellschafters oder die Auflösung der Kanzlei professionell abgewickelt werden, ohne dass es zu Irritationen nach außen und zu unnötiger Bindung von Ressourcen kommt.


Für einen unserer Mandanten erstritten:
OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.04.2019 - I-17 U 145/18 zur Unwirksamkeit eines Rentenversprechens

Eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts i.S. des § 723 Abs. 3 BGB liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (...) vor, wenn an eine Kündigung derart schwere Nachteile geknüpft werden, dass ein Gesellschafter vernünftigerweise von dem ihm formal zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen, sondern an der gesellschaftsrechtlichen Bindung festhalten wird. Trotz der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Rentenversprechens liegt ein solcher schwerer Nachteil jedenfalls vor, soweit der Beklagte durch den Gesellschaftsvertrag verpflichtet wird, auch nach Eintritt in den Ruhestand Dr. G. oder seiner Witwe Rentenzahlungen zu erbringen.


Offermann-Burckart,
Praxisnetze: Modernes Networking von Anwälten und Anwältinnen
- Wie Einzelkanzleien in dezentralen Strukturen schon heute Know-how teilen und Kosten senken

AnwBl. Online 2020, 412

Einzelkanzleien stehen vor großen Herausforderungen. Schon in der Zukunftsstudie des DAV von 2013 war angeregt worden, dass Anwältinnen und Anwälte fachliche Netzwerke bilden, um sich weiter zu spezialisieren. Die Digitalisierung führt nun dazu, dass auch kleinere Kanzleieinheiten noch effizienter werden müssen. Ein Weg können Praxisnetze werden, in denen Know-how - sei es in der Mandatsarbeit oder der Technik - gebündelt und Kosten gesenkt werden können. Wie Anwältinnen und Anwälte auf der Grundlage des geltenden Anwalts- und Gesellschaftsrechts eine Servicegesellschaft errichten und was sie wie auslagern können, erläutert die Autorin. Sie greift eine Idee der DAV-Präsidentin Edith Kindermann auf, die auf dem Virtuellen Anwaltstag die Anwaltschaft aufgefordert hat, über die Bildung von Praxisnetzen nachzudenken (...). Vorbild ist die Ärzteschaft, die inzwischen Praxisnetze sogar in ihrem Berufsrecht geregelt hat.

...

Praxisnetze sind möglich und sinnvoll.

Dabei sind die denkbaren “Spielarten“ dezentraler Strukturen der Zusammenarbeit (zu unterscheiden von der gemeinsamen Berufsausübung) von Rechtsanwälten vielfältig.

Die Gründung einer Servicegesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit entlastet die Berufsträger in besonderer Weise, schafft Verbindlichkeit für ihre Mitglieder und für Mandanten gleichermaßen und bringt die Vorzüge des neuen § 43e BRAO zur vollen Geltung.

Die Ausgestaltung einer solchen Servicegesellschaft als dezentrale Bürogemeinschaft entspricht am ehesten dem, was nach den Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ein besonders förderungswürdiges Praxisnetz von Ärzten wäre und greift überdies eine dem Rechtsanwalt vertraute und im anwaltlichen Berufsrecht bereits verankerte Form des Zusammenschlusses auf. Aufgrund der Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 43e BRAO bietet das Praxisnetz als dezentrale Bürogemeinschaft im Hinblick auf die Verschwiegenheitsverpflichtung sogar Vorteile gegenüber der lokalen Bürogemeinschaft. Trotzdem ist die Einholung einer Entbindung von der Schweigepflicht als sicherer Weg zu empfehlen.


Das (anwaltliche) Gesellschaftsrecht in der Diskussion: 

Offermann-Burckart,
Berufsrechtliches Gesellschaftsrecht - Entwurf mit Feinjustierungsbedarf

ZRP 2018, 158

Plötzlich ist ein Thema in aller Munde: Im Mai hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) einen Vorschlag "zur Reform des berufsrechtlichen Gesellschaftsrechts" vorgelegt, der vom Berufsrechts-Ausschuss erarbeitet und von der 154. BRAK-Hauptversammlung am 27.04.2018 verabschiedet wurde. Fast zeitgleich stellte Henssler am 06.06.2018 anlässlich des Deutschen Anwaltstags seinen im Auftrag des Deutschen Anwaltvereins (DAV) erarbeiteten Entwurf eines "Gesetzes zur Regelung des Berufsrechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften" vor.



Zum Nachlesen:
Bekanntes und Neues zum anwaltlichen Gesellschaftsrecht
Aufsatzreihe -
Die richtige Rechtsform für die Kanzlei finden

Teil   1: Die Grundlagen der Anwalts-GbR, AnwBl. 2013, 558
Teil   2: Besondere Fragen der Anwalts-GbR, AnwBl. 2013, 697
Teil   3: Mustervertrag für die Anwalts-GbR, AnwBl. 2013, 715
Teil   4: Sonderformen von Sozietäten, AnwBl. 2013, 788
Teil   5: Bürogemeinschaft, Kooperation, EWIV, AnwBl. 2013, 858
Teil   6: Vom schönen Schein zur Scheinsozietät, AnwBl. 2014, 13
Teil   7: Das kleine Einmaleins der PartG, AnwBl. 2014, 194
Teil   8: Das große Einmaleins der PartG, AnwBl. 2014, 366
Teil   9: Die Partnerschaftsgesellschaft mbB, AnwBl. 2014, 474
Teil 10: Mustervertrag für die PartG und die PartGmbB, AnwBl. 2014, 488
Teil 11: Die Basics der Anwalts-GmbH, AnwBl. 2015, 18

Teil 12: Die Satzung der Anwalts-GmbH, AnwBl. 2015, 122

Bitte lesen Sie zu dem Thema auch:
Für die Ewigkeit gemacht? - Sozietätsverträge im Visier der Rechtsprechung,
(auch Besprechung von LG München I, Urt. v. 04.03.2014, NJW 2014, 478),
NJW 2014, 434 - 437

Über wichtigen Bestimmungen vieler Sozietätsverträge hängt das Damoklesschwert der Nichtigkeit. Dies gilt insbesondere für Mandantenschutzklauseln, Buchwertklauseln und Rentenversprechen.

Geänderte Verhältnisse - und weitere Aspekte - haben das LG München I veranlasst, das Rentenversprechen in einem Sozietätsvertrag für nichtig zu erklären, obgleich dasselbe Gericht etwa 15 Jahre zuvor das nämliche Rentenversprechen in dem nämlichen Vertrag für zulässig und wirksam gehalten hatte.


BGH setzt Beschluss des BVerfG vom 12.01.2016 zur PartG von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern um

BGH, Beschl. v. 12.04.2016 - II ZB 7/11

Die Ausübung des selbstständigen Berufs des Apothekers stellt bei nur gutachterlicher und fachlich beratender Tätigkeit die Ausübung eines Freien Berufs im Sinne von § 1 Abs. 1 und Abs. 2 PartGG dar.

§ 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO (in Verbindung mit § 1 Abs. 3 PartGG) enthält eine abschließende Aufzählung derjenigen Berufe, mit deren Angehörigen sich ein Rechtsanwalt in einer Partnerschaftsgesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden darf. Mit diesem abschließenden Inhalt ist § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO insoweit nichtig, als die Regelung einer Verbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft entgegensteht (BVerfG, Beschluss vom 12. Januar 2016 1 BvL 6/13, NJW 2016, 700 Rn. 44-93).


BVerfG erklärt das Verbot der PartG von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern für verfassungswidrig

BVerfG, Beschl. v. 12.01.2016 - 1 BvL 6/13

"Das Sozietätsverbot aus § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO verletzt das Grundrecht der Berufsfreiheit, soweit es Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten eine gemeinschaftliche Berufsausübung mit Ärztinnen und Ärzten oder mit Apothekerinnen und Apothekern im Rahmen einer Partnerschaftsgesellschaft untersagt."

Der Ausschluss von Ärzten und Apothekern aus dem Kreis der sozietätsfähigen Berufe ist regelmäßig schon nicht erforderlich, um das Geheimhaltungsinteresse der Mandanten zu sichern, und vermag in einer Vielzahl von Fällen den Eingriff in die Berufsfreiheit nicht zu rechtfertigen.

Ein Rechtsanwalt verletzt nicht schon durch die Weitergabe mandatsrelevanter Informationen an seine nicht-anwaltlichen Partner die berufliche Verschwiegenheitspflicht. Die Unterrichtung der nicht-anwaltlichen Partner wird im Gegenteil bei einer interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaft geradezu vorausgesetzt, ist sie doch den Mandanten bekannt und von ihnen im Zweifel - wegen der Vorteile einer Beratung durch interprofessionell verbundene Berufsträger - auch gewollt. Ein Mandant, der eine interprofessionelle Sozietät mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt, wird regelmäßig nicht nur damit einverstanden sein, sondern sogar erwarten, dass sein Anliegen nicht nur durch die anwaltlichen Partner, sondern bei Bedarf berufsübergreifend von mehreren Angehörigen unterschiedlicher Berufsgruppen besprochen und betreut wird.

Außerdem sind aufgrund der für sie maßgeblichen Regelungen auch Ärzte sowie Apotheker gleich den Rechtsanwälten zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet. Auch die unbefugte Offenbarung eines fremden Geheimnisses ist gemäß dem Katalog des § 203 Abs. 1 StGB nicht nur für die unter Nr. 3 genannten Rechtsanwälte, sondern in gleicher Weise nach Nr. 1 für Ärzte und Apotheker strafbar.

Es kommt hinzu, dass für die Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheit von einer Beachtung der weiteren berufsrechtlichen Pflichten für Rechtsanwälte gem. § 30 S. 1, § 33 BORA ausgegangen werden kann. Hiernach ist bei Verbindung zu einer gemeinschaftlichen Berufsausübung zunächst gem. § 30 S. 1 BORA dafür Sorge zu tragen, dass auch die berufsfremden Partner das anwaltliche Berufsrecht beachten. Nach § 33 Abs. 2 BORA ist bei einer solchen beruflichen Zusammenarbeit ferner zu gewährleisten, dass die Regeln der Berufsordnung, zu denen die Verschwiegenheitsverpflichtung gem. § 2 BORA zählt, auch "von der Organisation" eingehalten werden. Somit kann nicht nur aus § 30 S. 1 BORA die Verpflichtung hergeleitet werden, den nicht-anwaltlichen Partner etwa vertraglich an die Bestimmungen der anwaltlichen Verschwiegenheitsverpflichtung zu binden. Vielmehr verpflichtet § 33 Abs. 2 BORA auch dazu, aktiv Einfluss auf das kollektive Verhalten der Partnerschaft zu nehmen, um Verstöße gegen die Berufsordnung und damit gegen die dort geregelte Verschwiegenheitspflicht (§ 2 BORA) zu verhindern. Auf dieser Grundlage können Rechtsanwälte daher gehalten sein, an die Partnerschaft gerichtete Mandate, bei denen sie die Verletzung ihrer eigenen Verschwiegenheitspflicht durch den nicht-anwaltlichen Partner befürchten müssen, abzulehnen. Die rechtliche Möglichkeit hierzu kann ihnen selbst der Partnerschaftsvertrag nicht entziehen; denn durch die zwingende Regelung in § 6 PartGG ist die Gestaltungsfreiheit der Partner insoweit eingeschränkt, als sich der Partnerschaftsvertrag zu den berufsrechtlichen Pflichten jedes einzelnen Partners nicht in Widerspruch setzen darf.

Siehe hierzu weiter den Beschluss des BGH vom 12.04.2016 oben.


BGH zu den Voraussetzungen für und Anforderungen an eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung

BGH, Urt. v. 13.10.2015 - II ZR 214/13

Ist in einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts kein zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden, kann der Gesellschafter, der für sich ein Guthaben beansprucht, dieses aufgrund einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter geltend machen; Streitpunkte über die Richtigkeit der Schlussrechnung sind in diesem Prozess zu entscheiden; einer - von den Gesellschaftern festgestellten - Auseinandersetzungsbilanz bedarf es nicht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271).


Mit der vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung ist der geltend gemachte Ausgleichsanspruch als Ergebnis einer Gesamtabrechnung unter Einbeziehung der für die Berechnung wesentlichen Parameter nachvollziehbar und schlüssig darzulegen. Weitergehende Anforderungen sind an eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung nicht zu stellen.


Teil-Berufsausübungsgemeinschaft von Ärzten und Art. 12 GG

BGH, Urt. v. 15.05.2014 - I ZR 137/12

Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 der Berufsordnung für Ärzte der Landesärztekammer Baden-Württemberg, wonach eine Umgehung des § 31 der Berufsordnung und damit kein gemäß § 18 der Berufsordnung zulässiger Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs insbesondere dann vorliegt, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt, ist mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit unvereinbar und deshalb nichtig.

Die in § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 der Berufsordnung enthaltene Regelung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil das dort statuierte abstrakte Verbot zwar geeignet ist, dem Zweck zu dienen, die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen von merkantilen Erwägungen zu gewährleisten, insoweit aber weder ein erforderliches noch ein angemessenes Mittel dar-stellt, um diesen Zweck zu erreichen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits die in § 18 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Fall 2 und Satz 4 der Berufsordnung enthaltenen Regelungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem genannten Zweck zu dienen. Diese sehen ein Verbot der Umgehung des § 31 der Berufsordnung und im Grundsatz eine Gewinnverteilung vor, die dem Anteil der persönlich erbrachten Dienstleistungen entspricht. Zwar liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine nach diesen Bestimmungen unzulässige Zusammenarbeit vorliegt, bei demjenigen, der wie im Streitfall die Klägerin die Unzulässigkeit geltend macht. Diese Darlegungs- und Beweislast ist hier allerdings dadurch gemildert, dass die Beklagte insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft. Vor diesem Hintergrund ist nichts dafür ersichtlich, dass nicht bereits die in § 18 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Fall 2 und Satz 4 der Berufsordnung enthaltenen Regelungen einen effektiven Schutz vor Formen der beruflichen Zusammenarbeit von Ärzten gewährleisten, bei denen die Unabhängigkeit der dabei zu treffenden ärztlichen Entscheidungen durch merkantile Erwägungen beeinträchtigt wird.


Das in § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 statuierte Verbot ist auch nicht im Hinblick auf die besondere Anfälligkeit der medizinisch-technischen Überweisungsfächer für "kick-back-Leistungen" gerechtfertigt; denn die Ärztekammern verfügen über verhältnismäßigere Kontrollmechanismen und können sich etwa die Gesellschaftsverträge zur Prüfung vorlegen lassen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 5 der Berufsordnung) sowie erforderlichenfalls mit berufsrechtlichen Mitteln gegensteuern (...).



Zu den Folgen einer fehlerhaften Einberufung der Gesellschafterversammlung

BGH, Urt. v. 11.03.2014 - II ZR 24/13

Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung können bei Personengesellschaften zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn der mit den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, vereitelt wird. Der Einladungsmangel führt aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist.


BVerfG zu den Mehrheitserfordernissen in den Regelungen zur Rechtsanwaltsgesellschaft mbH pp.

BVerfG, Beschl. v. 14.01.2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12

Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Zweck der gemeinsamen Berufsausübung von Rechts- und Patentanwälten verletzen Regelungen das Grundrecht der Berufsfreiheit, soweit sie zu Gunsten einer der beteiligten Berufsgruppen deren Anteils- und Stimmrechtsmehrheit (hier: § 59e Abs. 2 S. 1 BRAO und § 52e Abs. 2 S. 1 PAO) sowie deren Leitungsmacht (hier: § 59 f Abs. 1 S. 1 BRAO und § 52f Abs. 1 S. 1 PAO) und Geschäftsführermehrheit (hier: § 59f Abs. 1 S. 2 BRAO) vorschreiben und bei einer Missachtung eine Zulassung als Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaft ausschließen.

Eine Vorgesellschaft kann den Schutz der Berufsfreiheit für sich jedenfalls insoweit in Anspruch nehmen, als ihre Funktion als notwendige Vorstufe für die erstrebte Kapitalgesellschaft dies erfordert.


BGH zieht Numerus clausus in § 59a Abs. 1 BRAO in Zweifel

BGH, Aussetzungs- und Vorlagebeschl. v. 16.05.2013 - II ZB 7/11

Der BGH vertritt die Auffassung, das in § 59a BRAO für Rechtsanwälte statuierte Verbot, sich mit anderen als den dort genannten Berufsträgern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zusammenzuschließen, sei nicht erforderlich, um das Geheimhaltungsinteresse des Mandanten des Anwalts zu sichern.


Zur Sicherung des Geheimhaltungsinteresses des rechtsuchenden Bürgers gegenüber Dritten und gegenüber der Staatsgewalt bestehe bei der Berufsausübung von Ärzten und Apothekern gleichfalls ein gesetzlich abgesicherter Schutz, der durch die Verkammerung beider Berufe, einschließlich des Bestands und der Überwachung vergleichbarer beruflicher (Standes-)Regeln, wie bei Rechtsanwälten verstärkt werde.

Siehe jetzt den Beschluss des BVerfG vom 12.01.2016 oben.


Kilian,
in: Offermann-Burckart (Hrsg.), Anwaltsrecht in der Praxis (Berufsrecht, Kanzlei, Vergütung),
1. Aufl. 2010, Verlag C.H. Beck (ISBN 978-3-406-59995-8)

§ 3 Rdn. 6 ff.

Die am häufigsten für die berufliche Zusammenarbeit genutzte Gesellschaftsform ist weiterhin die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB). Soweit keine abweichende Rechtsformwahl erfolgt, ist sowohl eine der gemeinsamen Berufsausübung dienende Gesellschaft als auch eine bloße Organisationsgesellschaft, die Träger einer Bürogemeinschaft oder Kooperation ist, als GbR verfasst.

Als Alternative zur GbR steht Rechtsanwälten seit 1994 die Partnerschaftsgesellschaft (PartG) zur Verfügung. Ihr Zweck kann nach § 1 PartGG ausschließlich die Ausübung eines freien Berufs sein, sie scheidet damit als Träger einer Bürogemeinschaft oder einer Kooperation aus. Die PartG stellt dem Wesen nach eine oHG für Freiberufler dar, ... .

Die Organisation der Berufsausübung in der GmbH und in der AG ist für Rechtsanwälte seit entsprechenden Entscheidungen des BayObLG aus den Jahren 1994 (GmbH) bzw. 1999 (AG) zulässig. Für die GmbH fügte der Gesetzgeber als Reaktion auf diese Rechtsprechungsentwicklung 1998 spezielle, das GmbHG modifizierende Regeln in die BRAO ein.